PROFITE AN DER GRENZE DES LEBENS
Werden in Deutschland Kinder früher auf die Welt geholt, weil es sich finanziell lohnt? Es ist ein Tabuthema, über das kaum jemand offen sprechen möchte. Doch in Krankenhäusern geht es viel zu häufig um Geld – statt um Gesundheit.
Süddeutsche Zeitung, 5. September 2022 – Lukrative Frühchen
RISKANTE PARALLELWELT
Heilpraktiker dürfen Spritzen setzen und Infusionen verabreichen – eine Ausbildung jedoch müssen sie nicht absolvieren. Während alle anderen Bereiche des Gesundheitssystems streng reguliert sind, genießen Heilpraktiker enorme Freiheiten. Immer wieder führt das zu tragischen Behandlungsfehlern.
Süddeutsche Zeitung, 23. Januar 2021 – Riskante Parallelwelt
SEEVÖGEL DÜNGEN KORALLENRIFFE
Auch heute gibt es noch weiße Flecken auf der Landkarte – zum Beispiel der Chagos-Archipel mitten im Indischen Ozean. Die rund 60 Inseln sind britisches Überseegebiet (BIOT) und bis auf die Hauptinsel Diego Garcia unbesiedelt. Zusammen mit den Malediven formen sie das größte Riff- und Atollsystem der Welt. Wir begleiten eine wissenschaftliche Expedition zu den abgelegenen Inseln und Korallenriffen.
Die Flugbegleiter – Seevögel düngen Korallenriffe
HEILPRAKTIKER-PROZESS
Drei Menschen sterben nach alternativer Krebstherapie.
Der Fall sorgt international für Schlagzeilen: Im Sommer 2016 sterben in Brüggen-Bracht drei Patienten nach einer alternativen Krebstherapie. Der Heilpraktiker Klaus R. hatte seinen Patienten Infusionen mit dem Wirkstoff 3-Bromopyruvat verabreicht – ein Mittel, über das die Wissenschaft kaum etwas weiß. In einem aufwändigen Prozess versucht das Landgericht Krefeld zu rekonstruieren, wie es zu den Todesfällen kam. Am Ende steht fest, dass die drei Patienten an einer Vergiftung mit 3-BP gestorben sind. Der Heilpraktiker wird wegen fahrlässiger Tötung und Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.
Vor Gericht geht es um die individuelle Schuld des Angeklagten. Doch der Prozess wirft weiterreichende Fragen zur Ausbildung und den Befugnissen von Heilpraktikern auf. Bei Medwatch haben wir ausführlich über jeden Prozesstag berichtet.
PAPAGEIEN AM RHEIN
Streit um eingewanderte Arten
Rund 2000 tropische Papageien leben und brüten in Köln. Auch in anderen deutschen und europäischen Städten fühlen sich Halsbandsittiche wohl. Für die einen sind sie eine Bereicherung, die anderen beschweren sich über Lärm und Vogelkot. Gewinn oder Gefahr: Was bedeuten die Papageien für die heimische Tierwelt?
Die Flugbegleiter – Papageien am Rhein
RETTUNGSFLÖSSE FÜR TRAUERSEESCHWALBEN – EIN ARTENSCHUTZPROJEKT AM NIEDERRHEIN
RiffReporter: Die Flugbegleiter, Juli 2017
Ein unermüdliches „kiiik, kiiik, kikk“ erklingt über den Wiesen am Niederrhein. Der Ruf passt perfekt in die Landschaft, und doch ist er seltsam unvertraut. Trauerseeschwalben sind in Deutschland selten geworden. In der Roten Liste der Brutvögel stehen sie weit oben, in der Kategorie 1: „vom Aussterben bedroht“. Positive Nachrichten sind rar, doch es gibt sie. In Nordrhein-Westfalen, dem am dichtesten besiedelten Bundesland, ist es mit menschlicher Hilfe gelungen, wieder eine stabile Kolonie zu etablieren.
Die Flugbegleiter – Rettungsflöße für Trauerseeschwalben
MEIN PROFESSOR, DER ORNITHOLOGE – EINE BEDROHTE ART
RiffReporter: Die Flugbegleiter, Januar 2017
Es hat wieder einmal geklappt. Wie bestellt sitzt das Blaukehlchen auf dem Waldweg. Rot, blau und weiß leuchten die Federn in der Frühlingssonne. Der Vogel fliegt ein Stück, setzt sich auf einen der Büsche am Wegesrand und trällert: djip, djip, djip. Zufrieden steht Hans Engländer ein paar Meter entfernt und betrachtet seine Studenten. Er hat den äußerst seltenen Vogel schon unzählige Male gesehen, doch für die angehenden Biologen ist es das erste Blaukehlchen.
Schon damals waren Professoren wie Hans Engländer und Anna Gisela Johnen eine echte Rarität, heute sind sie vom Aussterben bedroht – in den meisten Universitäten ist ihr Lebensraum bereits verschwunden. Denn die beiden hatten nicht nur eine umfassende Artkenntnis, sie sahen ihre Berufung in der Lehre. Politiker und Wissenschaftler beklagen den Niedergang der Lehre, doch bei der Berufung von Professoren zählen fast ausschließlich Zahl und Rang der Publikationen. Ob die Zeit klassischer Hochschullehrer einmal wiederkommt? Kaum vorstellbar, allerdings hätte auch niemand vermutet, dass sich die Bestände der Blaukehlchen wieder erholen.
Die Flugbegleiter – Mein Professor, der Ornithologe – eine bedrohte Art
„VIELLEICHT ÜBERLEBEN WIR“
Süddeutsche Zeitung, 3./4. September 2016
Richard Dawkins über die mächtigste Idee der Wissenschaftsgeschichte, über Religion, Sex und die Frage, ob man den Neandertaler zurückholen sollte.
FÄNGER DER TRÄUME
DIE ZEIT, März 2006
Die rollenden Augen sind ein eindeutiges Zeichen: dieser Mensch träumt. Schon immer haben die Menschen versucht, dem Geheimnis der Träume auf die Spur zu kommen. Mal waren die nächtlichen Bilder Botschaften der Götter, dann wieder Signale unserer Seele. Träume wurden gedeutet und gemessen. Sigmund Freud glaubte, dass in ihnen vor allem verbotene sexuelle Wünsche zum Ausdruck kämen. Andere wiederum sehen in den nächtlichen Bildern nichts als eine Art Mülldeponie des Geistes.
Ausgerechnet die moderne Hirnforschung scheint heute einige Aspekte der Freudschen Theorie zu bestätigen. An der Schnittstelle zwischen Psychologie und Neurologie entsteht gerade eine ganz neue Forschungsrichtung, die sogenannte „Neuro-Psychoanalyse“. Vorreiter dieser Disziplin ist der Neuropsychologe Mark Solms. Er will das Geheimnis der Träume endgültig entschlüsseln.
SHOWDOWN IM REGENWALD
DIE ZEIT, Dezember 2004
Um Öl werden Kriege geführt. Für Öl werden Menschen vertrieben und die Umwelt zerstört. Wir alle haben in den vergangenen Wochen und Monaten in den Irak geblickt. Doch auch in anderen Regionen der Welt richtet das Schwarze Gold Unheil an. In Ecuador zum Beispiel baut ein internationales Konsortium eine neue zweite Ölpipeline. Durch sie sollen täglich bis zu 450.000 Barrel Schweröl aus dem Amazonasgebiet quer durch die Anden an die Pazifikküste fließen. Das Geld für das Mammutprojekt kommt auch aus Nordrhein-Westfalen. Die Westdeutsche Landesbank ist mit einem Kredit von 900 Millionen Dollar der Hauptfinanzier.
DIE ZEIT – Showdown im Regenwald
DER REIZ DES GRÜNEN GOLDES
akzente spezial 2002
Ein Projekt auf den Philippinen will die Rechte der lokalen Bevölkerung stärken
Die modernen Piraten kommen mit Kescher, Lupe und Pinzette. Es sind Biopiraten auf der Suche nach neuen Wirkstoffen aus Tieren und Pflanzen. Überall in den Tropen forschen Wissenschaftler nach dem sogenannten grünen Gold. Ihr Rohmaterial ist die ungeheure Artenvielfalt in den südlichen Ländern. Tropenwälder und Korallenriffe bergen eine Fülle von bisher unbekannten Substanzen. Wenn es gelingt, daraus neuartige Medikamente herzustellen, winken Gewinne in Milliardenhöhe.
akzente special – Biopiraterie
KAMPF UMS KORN
DIE ZEIT, August 2002
Hast du keinen Reis gegessen, hast du nichts gegessen“, heißt es in vielen afrikanischen Ländern. Je ärmer die Menschen, umso wichtiger wird Reis als Grundnahrungsmittel. Weltweit ernähren sich mehr als zwei Milliarden Menschen hauptsächlich von Reis. Um die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren, muss die Produktion weiter steigen. In der Vergangenheit ist das in erstaunlichem Ausmaß gelungen: Zwischen 1960 und 1990 hat sich die Weltreisernte mehr als verdoppelt. Allerdings schnellte mit der sogenannten Grünen Revolution auch der Verbrauch an Düngemitteln und Pestiziden rasant in die Höhe – mit katastrophalen Folgen für die Umwelt. Motor dieser Entwicklung war das Internationale Reisforschungszentrum IRRI auf den Philippinen, das größte Reisinstitut der Welt. Viele der heute weltweit angebauten Sorten wurden dort entwickelt.
Welche Lösungen haben die Wissenschaftler für die Ernährungsprobleme der Zukunft? Wie verändern Gentechnik und Patente die Reisforschung? Können neue Sorten die Probleme von Unter- und Mangelernährung lösen? Wie beeinflusst der Reisanbau unser Klima?
WENN KLEINE SEELEN ZERSPLITTERN
Frankfurter Rundschau, Juli 2002 – von Claudia Ruby und Uschi Baaken
Multiple Persönlichkeiten haben als Kind oft extreme Gewalt erlitten.
Multiple Persönlichkeiten – da denken viele an Dr. Jekyll und Mr. Hyde, an Menschen, die sich in Monster verwandeln. „Doch die meisten Multiplen sind Frauen, die bereits als kleines Kind begannen, ihre Identität aufzuspalten, weil sie mit extremer körperlicher, seelischer und vor allem sexueller Gewalt fertig werden mussten“, so die Psychologin und Therapeutin Michaela Huber in ihrem Buch über „Multiple Persönlichkeiten“. Für uns hört sich vieles unglaublich an, aber für Multiple gehört es zum Alltag, dass in ihrem Körper mehrere Personen leben. Es gibt innere Kinder und Erwachsene. Sie haben ihren eigenen Charakter, eigene Vorlieben und Fähigkeiten. „Sogar Hirnströme, Blutwerte und Herzfrequenz der Innenpersonen unterscheiden sich“, sagt Arne Hofmann, Leiter der Ambulanz für Gewalt- und Unfallopfer an der Universitätsklinik Köln.
STINKENDER HANDEL
DIE ZEIT, November 2000
Die Europäer essen immer mehr Fisch: Mittlerweile sind es im Schnitt 22 Kilo pro Kopf und Jahr. Doch die Meere der EU sind längst überfischt. Streng reglementierte Fangquoten schützen die Bestände von Scholle, Rotbarsch, Kabeljau und anderen Meerestieren. Die Arbeitsplätze von 300.000 Fischern stehen auf dem Spiel. Dringend braucht die Union neue Fanggründe. Fündig geworden ist sie ausgerechnet in den ärmsten Ländern der Welt. Mit 15 der sogenannten AKP-Staaten in Afrika, der Karibik und dem Pazifik unterhält sie Fischereiabkommen. Doch seit riesige EU-Trawler die Bestände wegfischen, kommen die einheimischen Fischer immer häufiger mit leeren Netzen nach Hause.
WER QUAKT DENN DA?
DIE ZEIT, August 2000
In den vergangenen Jahren hat sich die Arbeit der Zoologen radikal gewandelt. Sie haben die Stimme als zentrales Merkmal einer Art erkannt. Mit weitreichenden Folgen: Hunderte von neuen Arten konnten seither beschrieben werden. Ganze systematische Gruppen mussten die Zoologen neu ordnen. Vor allem bei nachtaktiven Tieren wie Fröschen, Eulen oder Fledermäusen sind die Rufe charakteristischer als das Aussehen. In der Dunkelheit nutzt nämlich das schönste Prachtkleid nichts – dafür lässt sich das Froschweibchen von arteigenem Quaken bezirzen. Seit die Systematiker mit den Ohren nach neuen Spezies suchen, explodiert vor allem bei den Nachtaktiven die Artenzahl. Allein bei den Amphibien kamen 1997 weltweit 110 neue Arten dazu – so viel wie niemals zuvor.
KRACH UM DEN RICHTIGEN SCHUSS
DIE ZEIT, März 2000
Die Fronten sind klar: Naturschützer und Jäger stehen sich unversöhnlich gegenüber. „Jagd ist Mord. Den Jägern geht es nur um Trophäen und ihr Jagdvergnügen,“ so die Vorwürfe der Tier- und Naturschützer. Die Jäger halten dagegen: „Die Jagd dient dem Naturschutz. Das Gewehr ersetzt natürliche Beutegreifer wie Luchs, Wolf oder Adler. Nur der Jäger kann den Wald vor Verbißschäden schützen.“
Während sich Jäger und Ökologen streiten, wird der deutsche Wald langsam aufgefressen. Förster warnen vor einem „Waldsterben von unten“. Laut bayerischem Forstgutachten haben Rehe und Hirsche bereits jeden zweiten jungen Laubbaum angeknabbert. Junge Eichen sind sogar zu 90 Prozent geschädigt. Natürliche Waldverjüngung findet fast nur noch hinter schützenden Zäunen statt. Eine neue Stimme im alten Streit ist seit einigen Jahren der Ökologische Jagdverband (ÖJV). „Wald vor Wild“ lautet eine seiner Devisen.
DIE ZEIT – Krach um den richtigen Schuss
VOM WINDE VERWEHT
DIE ZEIT, November 1996
Madagaskar brennt. Jedes Jahr vor der Regenzeit setzen die Bauern im zentralen Hochland die trockene Savanne in Flammen. Die frische Asche düngt den Boden, und sobald die ersten Tropfen fallen, sprießt neues Grün: Weidegrund für die wertvollen Zebus. Je mehr Zebus ein Madagasse besitzt, um so angesehener ist er in der Dorfgemeinschaft. Mittlerweile leben auf der Insel vor der afrikanischen Ostküste fast genauso viele Zebus wie Einwohner – etwa zehn Millionen. Ein verhängnisvoller Reichtum: Die Rinder überweiden die dünne Grasnarbe, das Feuer gibt dem Boden den Rest. Die entblößte Erde wird mit dem nächsten Sturm davongetragen.
Im gesamten Tropengürtel breiten sich die Wüsten aus. Weltweit sind dreißig Prozent der Landfläche von Verwüstung bedroht. Afrikanische Staaten brachten deshalb 1992 auf der Umweltkonferenz in Rio de Janeiro eine internationale Konvention zur Bekämpfung der Desertifikation auf den Weg. Mittlerweile haben mehr als hundert Länder die Wüstenkonvention unterzeichnet, in Kraft tritt sie voraussichtlich gegen Ende des Jahres.